Behandlung & Therapie

Zuschuss & Förderung für ergonomische Büromöbel

    • In Deutschland hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf Leistungen, die seine Teilnahme am Berufsleben auf Dauer gewährleisten: Dazu gehört auch die Bezuschussung ergonomischer Büromöbel.
    • Es muss ein ärztliches Attest vorliegen, das bezeugt, dass krankheitsbedingt keine gewöhnlichen Büromöbel genutzt werden können.
    • Es gibt verschiedene Leistungsträger, die die Kosten für ergonomische Büromöbel übernehmen.
    • Übernimmt der Arbeitnehmer die Kosten nicht, sind die Rentenversicherung, die Agentur für Arbeit oder private Träger geeignete Ansprechpartner.
    • Selbstständige haben die Möglichkeit, die Kosten für ergonomische Büromöbel von der Steuer absetzen.

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Rücken.net-Redaktion

Die Rücken.net-Redaktion besteht aus einem Team von Sport- und Medizin-Redakteuren, die fundierte Ratgeber rund um das Thema Rückenschmerzen schreiben.

Ergonomische Bürostühle und höhenverstellbare Schreibtische sind ein wahrer Segen für alle, die an Rückenschmerzen und Haltungsschäden leiden. Doch Ergonomie hat ihren Preis: Für ein Qualitätsprodukt musst du oft mehrere hundert Euro ausgeben.

Zum Glück gibt es Möglichkeiten, sich die Kosten ganz oder zumindest teilweise erstatten zu lassen. Dein Arbeitgeber kommt dabei als Sponsor genauso infrage wie die Rentenversicherung und andere Leistungsträger.

Wir zeigen dir, wann du Anspruch auf Zuschüsse für ergonomische Arbeitshilfen hast, an wen du dich wenden musst und was du bei der Antragstellung beachten solltest.

Wer hat einen Anspruch auf ergonomische Büromöbel?

Ganz allgemein gilt: Jeder Versicherte in Deutschland hat Anspruch auf Leistungen, die seine Teilhabe am Arbeitsleben auf Dauer sichern. So schreibt es das Sozialgesetzbuch vor.

Das heißt: Wenn gewöhnliche Bürostühle und Schreibtische aus gesundheitlichen Gründen nicht für dich infrage kommen, hast du Anspruch auf einen Zuschuss für ergonomische Möbel.

Sehen wir uns nun an, welcher Träger im Einzelfall für die Kosten zuständig ist:

Kostenübernahme durch den Arbeitgeber

Jeder Arbeitgeber muss die Sicherheit und Gesundheit seiner Arbeitnehmer gewährleisten. Dazu gehört auch ein ergonomischer Arbeitsplatz. Dieser Grundsatz findet sich gleich in mehreren Gesetzen:

  • Relativ allgemein bleibt die Betriebssicherheitsverordnung. Diese schreibt vor, dass die Arbeitsmittel “für die Art der auszuführenden Arbeiten geeignet” sind (§5 (1) BetrSichV). Außerdem müssen die Arbeitsmittel an die “körperlichen Eigenschaften […] der Beschäftigten angepasst sein” (§6 (1)).
  • Das Arbeitsschutzgesetz nimmt Arbeitgeber in die Pflicht, “eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben” (§ 3 (1) ArbSchG)
  • Noch detaillierter auf die Anforderungen in Büros geht die Arbeitsstättenverordnung ein. Diese schreibt vor: “Bildschirmarbeitsplätze sind so einzurichten und zu betreiben, dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind.” (§ 6.1, (1) ArbStättV)

Was bedeuten diese Regelungen konkret?

Wenn du dir die genannten Gesetze durchliest, wirst du schnell feststellen: Die Frage, WIE die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter gefördert werden soll, bleibt offen. Von speziellen Hilfsmitteln wie höhenverstellbaren Schreibtischen und ergonomischen Bürostühlen ist dort nicht die Rede.

Stattdessen sind Arbeitgeber lediglich verpflichtet, einen Arbeitsplatz bereitzustellen, der sich in der Höhe verstellen lässt. Diese Anforderung gilt mit hochfahrbaren Bürostühlen als erfüllt. Lediglich Mitarbeiter über 1,91 m könnten Anspruch auf einen höhenverstellbaren Schreibtisch haben.

Das heißt für dich: Dein Chef muss dir keine ergonomischen Büromöbel bezahlen, die über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen. Das gilt selbst dann, wenn diese Möbel aus medizinischer Sicht für dich sinnvoll oder notwendig wären. Ein ärztliches Attest stellt für Arbeitgeber keine Pflicht zum Handeln dar.

Es bleiben also zwei Möglichkeiten: Entweder wendest du dich an externe Leistungsträger. Diese Vorgehensweise stellen wir weiter unten vor. Oder du versuchst, deinen Arbeitgeber vom Nutzen ergonomischer Büromöbel zu überzeugen.

Bereits heute statten viele Firmen ihre Mitarbeiter mit speziellen Schreibtischen und Bürostühlen aus – allein schon aus Kostengründen: Durchschnittlich gehen Arbeitgebern pro krankem Mitarbeiter nämlich 250 Euro am Tag verloren. Rechnet man diesen Betrag auf das Jahr hoch, lohnt sich jedes Mittel, das Betriebsausfälle minimiert.

Beim Gespräch mit deinem Chef solltest du diesem Argument mit einem Facharzt-Attest noch mehr Gewicht verleihen. Wenn du nachweisen kannst, dass dir ohne ergonomische Hilfe bald Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit droht, werden viele Arbeitgeber einsichtig und übernehmen zumindest einen Teil der Kosten.

Regelungen für das Home Office

Wenn du angestellt bist, aber für längere Zeit von zuhause aus arbeitest, hast du Anspruch auf einen ergonomischen Arbeitsplatz. Das heißt, dein Arbeitgeber muss dir eine Büroausstattung finanzieren, die den oben genannten gesetzlichen Ansprüchen genügt.

Leider fallen darunter, wie auch bei der Arbeit im Büro, keine ergonomischen Bürostühle und höhenverstellbaren Schreibtische. Du bist also auf die freiwillige Mitwirkung deines Arbeitgebers angewiesen.

Sonderfall: Eingliederungsmanagement-Verfahren

Warst du innerhalb der letzten 12 Monate mindestens 6 Wochen dauerhaft oder wiederholt krank? Dann hast du Anspruch auf ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM).

Dieses beginnt mit einem Gespräch: Darin soll geklärt werden, wie deine Arbeitsfähigkeit verbessert oder wiederhergestellt werden kann. Soweit vorhanden, kannst du den Betriebsarzt zum Gespräch einladen. Und auch die Rehabilitationsträger können für den Entscheidungsprozess herangezogen werden – z. B. um Möglichkeiten für finanzielle Zuschüsse zu klären.

Der Vorteil: Durch die Beteiligung mehrerer Experten lassen sich bedarfsgerechte Maßnahmen zur Veränderung des Arbeitsplatzes finden. Darunter können auch ergonomische Büromöbel fallen.

Wenn alle Beteiligten die erarbeiteten Maßnahmen mittragen, wird das in einem Protokoll vermerkt. Somit erhält der Arbeitnehmer eine verbindliche Zusage, dass die Maßnahme auch umgesetzt wird.

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Kostenübernahme durch Rehabilitationsträger

Wenn dein Arbeitgeber dir keine ergonomischen Büromöbel finanzieren möchte, kommen noch externe Stellen infrage.

Denn: Auch Träger wie Rentenversicherungen oder das Arbeitsamt haben ein Interesse an der Gesundheit von Angestellten: So können hohe Kosten durch Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit abgewendet und die Betroffenen schneller wieder ins Arbeitsleben integriert werden.

Welcher Rehabilitationsträger übernimmt die Kosten?

Die Antwort auf diese Frage hängt vor allem von deiner beruflichen Situation ab:

Rentenversicherung

Die Rentenversicherung kommt als Kosten-Träger infrage, wenn

  • du bereits seit 15 Jahren Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt hast
  • du wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rente beziehst
  • ohne das Arbeitsmittel die verminderte Erwerbsfähigkeit drohen würde
  • das Arbeitsmittel unmittelbar nach einer Reha-Maßnahme notwendig ist, um die Teilnahme am Arbeitsleben zu gewährleisten.

Jedoch gibt es eine schlechte Nachricht: Die Rentenversicherung erkennt nur noch folgende Krankheitsbilder für eine Förderung an:

  • Morbus Bechterew
  • Skoliose mit einem Cobb-Winkel über 4°
  • Kyphoskoliose mit einem Cobb-Winkel über 40°
  • Hüft- und Kniearthrodese
  • Girdlestone-Hüfte
  • Spondylodese

Anders als noch vor dem Jahr 2019 reicht ein Bandscheibenvorteil nicht mehr für eine Übernahme der Kosten aus.

Agentur für Arbeit

Auch die Agentur für Arbeit hat ein Interesse daran, das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben durch Gesundheitsprobleme zu verhindern. Sie kommt als Träger infrage, wenn du weniger als 15 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hast.

Weitere Träger

Beamte und Studenten sollten sich an das für sie zuständige Integrationsamt wenden. Dieses ist auch für andere Sonderfälle zuständig.

Die gesetzliche Unfallversicherung bzw. Berufsgenossenschaft ist der Ansprechpartner, wenn ergonomische Büromöbel aufgrund eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder berufsbedingter Krankheit nötig werden.

Die Krankenkasse kann Leistungen zur Prävention von Berufsunfähigkeit bezuschussen – ist dazu aber gesetzlich nicht verpflichtet.

Welche Unterlagen benötige ich für den Zuschuss?

Damit dein Antrag Aussicht auf Erfolg hat, musst du folgende Unterlagen beilegen:

1. Antragsformular des Rehabilitationsträgers

Antragsformulare findest du meist online auf der Website des Rehabilitationsträgers – hier etwa von der Deutschen Rentenversicherung.

2. Nachweis über die Erkrankung

Als Nächstes musst du dir ein Attest vom Facharzt oder einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik ausstellen lassen. Hier sollte bereits auf die Notwendigkeit eines bestimmten Arbeitsmittels hingewiesen werden. Je genauer der Schreibtisch/Bürostuhl und seine Funktionen beschrieben werden, desto höher sind die Chancen, einen Zuschuss für das gewünschte Möbelstück zu erhalten.

3. Kostenvoranschlag eines qualifizierten Fachhändlers

Das ärztliche Attest nimmst du nun zu einem Fachhändler für ergonomische Büromöbel mit. Falls du nicht selbst fündig wirst, solltest du deinen Arzt nach geeigneten Geschäften fragen. In vielen Fällen kann dieser sogar ein konkretes Modell vorschlagen.

Vom Fachhändler lässt du dir für das Möbelstück einen Kostenvoranschlag ausstellen.

Wichtig: Schließe den Kauf nicht ab, bevor dein Antrag bewilligt ist. Rückwirkend kannst du nämlich keine Leistungen erhalten und du würdest auf den Kosten sitzen bleiben.

4. Ausführliche Beschreibung der beruflichen Tätigkeit

Zu guter Letzt musst du detailliert darlegen, was du beruflich tust. Dazu gehört auch eine Beschreibung, wie oft du am Tag sitzend und stehend arbeitest.

Hilfe durch Beratungsstellen

Leider mahlen die Mühlen der Bürokratie auch bei der Bezuschussung von Arbeitsmitteln langsam. Um den Prozess nicht durch falsch ausgefüllte Anträge unnötig in die Länge zu ziehen, kannst du dich an Beratungsstellen wenden – etwa an die Gemeinsamen Servicestellen für Rehabilitation oder das Reha-Team der Agentur für Arbeit.

Welche Büromöbel werden gefördert?

Eine detaillierte Liste von bezuschussten Arbeitsmitteln gibt es nicht. Theoretisch können alle Büromöbel gefördert werden, die der beruflichen Rehabilitation dienen: Dazu gehören z. B. ergonomische Bürostühle, höhenverstellbare Schreibtische, Arthrodesenstühle und Stehpulte.

Wenn einer der genannten Rehabilitationsträger das Arbeitsmittel finanziert, geht dieses in das Eigentum des Arbeitnehmers über. Du kannst es also bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes mitnehmen.

Weiterhin gilt: Auch wenn dein Chef keine ergonomischen Arbeitsmittel anschaffen möchte, muss er diese in seinen Räumlichkeiten zulassen – solange sie für dich medizinisch notwendig sind.

Werden Büromöbel bezuschusst, wenn ich noch keine Beschwerden habe?

Ergonomische Bürostühle und Schreibtische wären auch als Präventionsmaßnahme sinnvoll – etwa um Erkrankungen durch Rückenbeschwerden gar nicht erst auftreten zu lassen.

Leider werden die meisten dieser Anträge von der Rentenversicherung abgelehnt. Die Begründung: Der Arbeitgeber hat für die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes zu sorgen. Stimmt dieser jedoch nicht zu, haben Arbeitnehmer kaum eine Chance auf Förderung des ergonomischen Möbelstücks. Hier dürfte in der Zukunft viel Handlungsbedarf bestehen, wenn mehr Arbeitnehmer durch falsches Sitzen erkranken.

Möglichkeiten für Selbstständige

Wenn du selbstständig bist und keinen Zuschuss von einem Leistungsträger erhältst, kannst du ergonomische Büromöbel wie Schreibtische und Stühle auch von der Steuer absetzen:

Dafür musst du sie in der Steuererklärung unter Werbekosten (Anlage N) angeben und gegebenenfalls die Rechnung anhängen.

Wichtig: Kosten können nur für Arbeitsmittel im Wert von bis zu 800 Euro (ohne Mehrwertsteuer) sofort geltend gemacht werden. Teurere Möbel musst du über 13 Jahre lang absetzen. Pro Jahr können also 1/13 des Kaufpreises abgeschrieben werden.

Wichtig ist auch, dass das Arbeitsmittel nur zum Arbeiten genutzt wird. Problematisch kann dies für Personen werden, die kein Arbeitszimmer besitzen oder nur selten im Home Office arbeiten. In diesen Fällen könnte das Finanzamt von einer überwiegend privaten Nutzung ausgehen und die Abschreibung verweigern.

Ergonomische Büromöbel und weitere Hilfsmittel

Egal ob du im Büro oder zuhause arbeitest – ergonomische Möbel sollten unbedingt zu deinem Arbeitsplatz gehören. Darum empfiehlt es sich, jede Förderung in Anspruch zu nehmen, die für dich infrage kommt.

Allerdings gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, wie du Haltungsschäden vorbeugen und deinem Rücken etwas Gutes tun kannst:

Faszientraining stellt beispielsweise den perfekten Ausgleich für eine sitzende Tätigkeit dar. Oder suchst du nach Linderung auf Knopfdruck? Dann solltest du dir unseren Artikel über Massagepistolen durchlesen. Im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel hat CBD-Öl Potenzial bei Rückenschmerzen. Und auch dein Schlafplatz sollte optimal angepasst sein – mit speziellen Matratzen und Kopfkissen.

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Referenzen:

Bundesministerium der Justiz. (2024). Gesetze im Internet. Abgerufen am 19.02.2024. https://www.gesetze-im-internet.de/

E. K. (2023). Ergonomie am Arbeitsplatz nutzen. Abgerufen am 19.02.2024. https://www.arbeitsrechte.de/ergonomie-am-arbeitsplatz/

Eichholz, R. (2021). Bleib fit im Homeoffice. Südwest.

Pangert, R., & Tannenhauer, J. (2012). Ergonomie bei der Arbeit: Stehen – Sitzen – Heben. ecomed Verlagsgesellschaft in Hüthig Jehle Rehm.

Söller, F., & Warstat, E. (2019). Rücken ohne Schmerz: die besten Tipps zur schnellen Selbsthilfe : 5 x 5 Übungen, die wirklich helfen. Humboldt.

Stehle, P., & Erhard, C. (2013). Leitfaden gute Ergonomie: gesünder arbeiten am PC. MED & BES.