Die Bezeichnung Rheuma umfasst als Sammelbegriff eigentlich eine Vielzahl von Erkrankungen, bei welchen hauptsächlich die Gelenke, aber auch Muskeln, Sehnen und Knochen betroffen sein können. Ursachen sind meist Entzündungsherde im Körper. Am bekanntesten und auch am weitesten verbreitet in der Bevölkerung ist Rheuma in Form der sogenannten rheumatoiden Arthritis.
Rheumatoide Arthritis oder chronische Polyarthritis ist eine konstant andauernde Form der Gelenkentzündung. Diese bildet sich in der Gelenkinnenhaut, was in weiterer Folge zur Zerstörung von Knorpelmasse, Knochen und Bändern führt. Schmerzen, Schwellungen und eine zunehmende Bewegungseinschränkung der betroffenen Gelenke sind die Folgen.
Das besonders Tückische an dieser Krankheit: Rheumatoide Arthritis kann in jedem Lebensalter auftreten. Auch Kinder können bereits davon betroffen sein. Auch die rheumatoide Arthritis trifft − ähnlich wie Osteoporose und Arthrose − Frauen häufiger als Männer. Betroffen ist davon knapp ein Prozent der Bevölkerung. Die eigentliche Ursache der Erkrankung ist noch immer unbekannt.
Auf den nächsten Plätzen der unter dem Sammelbegriff „Rheuma“ bekannten Krankheitsbilder rangieren der sogenannte Weichteilrheumatismus und die Fibromyalgie. Aber auch zahlreiche andere Erkrankungen können als „Rheuma“ firmieren. Die Schulmedizin fasstt diese Krankheitsformen daher auch zum „Rheumatischen Formenkreis“ zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen und Entstehung von Rheuma
Jede Krankheit, die unter dem Überbegriff Rheuma firmiert, hat unterschiedliche Auslöser. Allgemein ist über die Entstehung von Rheuma-Erkrankungen bekannt, dass sich Abwehrzellen gegen das körpereigene Gewebe richten. In der Folge entstehen Entzündungen. Rheuma giltdaher in den meisten Fällen als Autoimmunerkrankung.
Warum sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet, ist bislang kaum erforscht. Doch unser Genpool spielt dabei mit Sicherheit eine entscheidende Rolle. Viele Betroffene haben sehr wahrscheinlich eine genetische Prädisposition, um früher oder später an Rheuma zu erkranken.
Risikofaktor Rauchen
Raucher*innen sind wesentlich stärker und häufiger von Rheuma betroffen als Nichtraucher*innen. Bereits wenige Zigaretten pro Tag erhöhen das Risiko an einer rheumatoiden Arthritis zu erkranken um bis zu40 %. Liegt eine Erkrankung bereits vor, wird diese durch den Nikotinkonsum noch beschleunigt und ihre Symptome verstärken sich.
Bei Raucher*innen degenerieren die Gelenke bereits im Anfangsstadium rascher, was auf den Röntgenbildern als deutliche Verschmälerung des Gelenkspalts und Erosion der Knochen zu erkennen ist.
Rheuma: Symptome und erste Anzeichen
Die meisten rheumatischen Erkrankungen zeichnen sich durch Schmerzen in den Gelenken aus. Aber auch die Muskeln, Sehnen und das Bindegewebe können schmerzen, druckempfindlich, geschwollen und gerötet sein. Weitere Symptome einer rheumatischen Erkrankung können sein:
- Fieber
- Müdigkeit
- Nachtschweiß
- Gewichtsverlust
Typisch für rheumatische Gelenkerkrankungen sind darüber hinaus eine zunehmende Versteifung der Gelenke und die schwindende Beweglichkeit. Diese Erscheinungen in Zusammenhang mit diffusen Schmerzen, denen kein Trauma in Form eines Sturzes etc. vorausgeht, sind deutliche Hinweise auf entzündliche Prozesse in den betroffenen Körperstellen.
Gibt es einen Rheuma Test?
Auch für potenzielle Rheuma-Betroffene bieten zahlreiche Gesundheitsportale im Netz unverbindliche Selbsttests an, welche eine grobe Einschätzung des individuellen Krankheitsrisikos abbilden können sollen. Solche Tests liefern jedoch bestenfalls nur einen Richtwert oder eine Empfehlung. Den Gang zur Ärztin oder zum Arzt ersetzen sie auf keinen Fall, eine exakte Diagnosestellung noch viel weniger.
Diagnose Rheuma
Eine klare Diagnose ist der erste Schritt in Richtung Therapie. Viele Betroffene leben sehr lange mit den Schmerzen und der schwindenden Beweglichkeit, bevor sie den Gang in die Facharztpraxis wagen. Doch rheumatische Erkrankungen sind mit Hilfe von Medikamenten und komplementären Therapieformen durchaus behandelbar, wenn auch nicht heilbar. Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:
- Anamnese plus Schmerzmessung
- Labortests
- bildgebende Verfahren
Das ausführliche Anamnese-Gespräch mit den Patient*innen soll die primären Beschwerden lokalisieren und den individuell empfundenen Grad der Schmerzen erheben. Letzterer ist von Mensch zu Mensch verschieden. Daher kommt der Schmerzmessung mittels visueller oder numerischer Analogskalen große Bedeutung zu. Diese Messung ermöglicht es den behandelnden Ärzt*innen auch, die Entwicklung der Schmerzen zu dokumentieren.
Die Labortests erheben Werte wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP, den Rheumafaktor sowie die Anti-CCP-Antikörper. Der CRP-Wert (C-reaktives Protein) ist die wichtigste Kennzahl für die Erhebung und Verlaufskontrolle einer unspezifischen Entzündung im Körper. Der Rheumafaktor identifiziert hingegen Autoantikörper innerhalb unseres Stoffwechsels.
Dabei handelt es sich um Antikörper, die selbst gegen körpereigene Eiweiße und Strukturen gerichtet sind. Sie treten bei bestimmten Autoimmunerkrankungen wie eben der rheumatoiden Arthritis auf. Dasselbe gilt für die Anti-CCP-Antikörper. Auch sie sind für eine frühzeitige Diagnose dieser Erkrankungen wichtig.
Bei den bildgebenden Verfahren stehen den Spezialist*innen neben Röntgen und MRT auch der Gelenkultraschall zur Verfügung. Dieser stellt quasi in Echtzeit den Zustand der Gelenke dar.
Therapie und Behandlung von Rheuma
Da die Ursachen von Rheuma − wie bereits erwähnt − nach wie vor unklar sind, ist eine Heilung im Moment noch nicht in Sicht. Verbessert werden kann jedoch die Beweglichkeit der betroffenen Gelenke. Hauptaugenmerk einer Therapie liegt darauf, den Patient*innen ein schmerzfreies Leben zu ermöglichen.
Welche Medikamente helfen bei Rheuma?
Welche Medikamente im konkreten Fall eingesetzt werden, hängt von der Art der vorliegenden Erkrankung ab. Je nach Krankheitsbild kommen verschiedene Präparate in Betracht. Bei der Verschreibung berücksichtigt Ärztin oder Arzt das Krankheitsstadium sowie allfällige Vor- oder Begleiterkrankungen.
Schmerzmedikamente sind ein wichtiger Bestandteil der medikamentösen Rheumatherapie. Unterschieden wird hierbei zwischen den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und reinen Schmerzmitteln, den Analgetika. Der Gruppe der NSAR kommt bei entzündlichen Erkrankungen eine wichtige Doppelfunktion zu: Sie lindern die Schmerzen und dämmen zeitgleich die Entzündungsprozesse im Körper ein. Allerdings haben einige dieser Medikamente insbesondere bei der Langzeitanwendung teils schwere Nebenwirkungen an der Magenschleimhaut oder den Nieren. Neben den klassischen NSAR-Vertretern können auch selektive COX-2-Hemmer zum Einsatz kommen, die aufgrund ihrer Selektivität auch weniger Nebenwirkungen haben. Sie sind eine Weiterentwicklung der konventionellen NSAR-Produkte.
Kortison-Präparate können ebenfalls Entzündungen hemmen. Sie agieren aggressiver und unspezifischer im Körper, funktionieren daher auch schneller und stärker als NSAR-Medikamente. Außerdem blockiert Kortison das Immunsystem. Die Pharmazie spricht von immunsuppressiver Wirkung, welche eine überschießende Immunreaktion bremst.
Allerdings ist eine Therapie mit Kortison heutzutage meist nur kurzfristig bei akuten Schüben angezeigt. Die Nebenwirkungen aufgrund der Immunsuppression würden den Körper auf Dauer zu sehr in Mitleidenschaft ziehen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Kortison zählen ein erhöhtes Infektionsrisiko, Osteoporose, entgleiste Blutzuckerwerte bis hin zu Diabetes, Muskelschwäche, Bluthochdruck und die Bildung von Wassereinlagerungen, die sogenannten Ödeme.
Darüber hinaus kann eine Langzeittherapie mit Kortison zu chronischer Fettleibigkeit führen. Die Schulmedizin spricht in der Folge von einer „Stammfettsucht“. Aber auch Hauterkrankungen sowie Grauer und Grüner Star können Nebenwirkungen einer langfristigen Behandlung mit Kortison sein.
Basismedikamente hingegen bilden − ihrem Namen gemäß − die Basis für eine längerfristige erfolgreiche Therapie bei Rheuma. Diese DMARDs (Disease Modifying Anti Rheumatic Drugs) bilden aktuell die Grundlage jeder zeitgemäßen Therapie von entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Sie sind darüber hinaus auch in der Lage, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, daher auch ihre Bezeichnung als krankheitsmodifizierende Medikamente.
Eine Eigenschaft, die reine Schmerzmittel oder das Kortison nicht mit in die Gesamtgleichung einbringen können: Basismedikamente sind in der Lage, das Fortschreiten einer Rheuma-Erkrankung zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Im Idealfall lassen sich so dauerhafte Schäden, wie die Zerstörung der Gelenke oder Organschäden, verhindern.
Manuelle Therapie und Krankengymnastik
Wenn der Schmerz es zulässt, ist Bewegung für Patient*innen mit rheumatischen Erkrankungen unerlässlich. Eine ärztlich verordnete Physiotherapie oder Krankengymnastik kann unter fachkundiger Anleitung Übungen vermitteln, die später auch zuhause durchgeführt werden können. Dem regelmäßigen Training kommt bei chronischen Erkrankungen besondere Bedeutung zu. Der Bewegungsapparat muss so lange wie möglich mobil bleiben.
Kälte- oder Wärmebehandlungen zeigen je nach Ausgangslage ebenfalls eine gute Wirksamkeit. Dasselbe gilt für die Ergotherapie, welche besonders die Hände und Finger wieder beweglich machen soll. Das Greifen und Festhalten von Gegenständen wird dabei regelmäßig trainiert, um fit für den Alltag zu bleiben.
Um die Beweglichkeit von Händen und Füßen bestmöglich zu erhalten, bieten orthopädische Spezialgeschäfte eine Vielzahl von Hilfsmitteln an. Spezielle Handschuhe und Bandagen stützen und entlasten die Hände. Einlegesohlen für Schuhe und Fußbekleidung generell, die auf die besonderen Bedürfnisse von Rheuma-Patient*innen abgestimmt sind, können eine enorme Verbesserung der Lebensqualität bewirken.
Aber auch eine Vielzahl von Hilfsmitteln gibt es bereits am Markt, die das tägliche Leben mit Rheuma erleichtern können. Dazu zählen Öffner für Schraubverschlüsse, ergonomische Griffe für Küchenmesser, Stiftehalter, Greifzangen oder Anziehhilfen für Socken. Die Wohnung sicherer machen Anti-Rutschmatten oder Unterlagen für Teppiche, Halterungen und Handläufe.
Die Kombination aus all diesen Möglichkeiten ist es im Endeffekt, die den Betroffenen ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben ermöglicht, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Dies bedeutet nicht nur ein Maximum an Lebensqualität trotz chronischer Krankheit, es verhindert auch das Auftreten psychischer Belastungen wie Depressionen oder Angststörungen, die leider häufige Begleiterscheinungen von rheumatischen Erkrankungen sind.
Ein weiterer wichtiger Dreh- und Angelpunkt bei Rheuma ist die Ernährung. Mit ihr hältst Du ein vergleichsweise einfaches, aber äußerst effektives Werkzeug in Händen, um der Krankheit Einhalt zu gebieten.
Ernährung bei Rheuma
Auch bei Rheuma gilt: Durch die Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung lässt sich der Krankheitsverlauf erwiesenermaßen positiv beeinflussen.
Wenn die betroffenen Patient*innen an Übergewicht leiden, wird das Hauptaugenmerk auf einer Gewichtsreduktion liegen. Sie führt zur Entlastung der Gelenke und trägt somit wesentlich zur Wiederherstellung der Mobilität bei.
Einige Lebensmittel stehen zu Recht unter Verdacht, Entzündungsprozesse im Körper auszulösen und zu verstärken. Sie sollten bei akuten rheumatischen Erkrankungen nur in Maßen konsumiert werden. Dazu zählen neben tierischen Fetten, Fleisch und Wurstwaren vor allem auch Genussmittel, wie Alkohol und Nikotin.
Eine ausgewogene Vollwertkost auf Basis von Gemüse, Getreide, zuckerarmen Obstsorten und Fisch wäre die beste Ernährungsform für Betroffene. Gerade Fisch liefert die wertvollen Omega 3-Fettsäuren, die im Kampf gegen Entzündungsherde im Körper eine effektive Waffe darstellen. Einen empfehlenswerten Einstieg bieten Rezepte aus dem Bereich der Kreta- oder Mittelmeerdiät.
Rheuma-Online-Forum
Oft hilft es Betroffenen bereits, mit ihrer Erkrankung nicht allein sein zu müssen. Die Schmerzen und Beeinträchtigungen wirklich nachempfinden können aber nur andere Betroffene. Diverse Foren im Internet bieten für diesen Fall eine diskrete und unkomplizierte Plattform für den regen Austausch.
Rheuma Liga
Die Deutsche Rheuma Liga hat es sich seit ihrem Gründungsjahr 1970 zur Aufgabe gemacht, Betroffenen zu helfen, ein Bewusstsein für rheumatische Erkrankungen in der Bevölkerung zu schaffen, aber auch Wissenschaft und Forschung rund um die rheumatischen Krankheitsbilder zu fördern.
Als gemeinnütziger Verein bietet die Deutsche Rheuma Liga eine breite Palette an Angeboten und Informationen. Eine ausführliche Infothek liefert reichlich Lektüre für Betroffene und deren Angehörige. Ein Forum für angemeldete Mitglieder dient dem Austausch und der Förderung der Selbsthilfe.
Mit Rheuma leben lernen
Wie bei den meisten chronischen Erkrankungen berichten auch Rheuma-Patient*innen von guten und schlechten Tagen. Die Krankheit verläuft unberechenbar, einen Alltag ganz ohne Beeinträchtigungen zu leben, erscheint den meisten Betroffenen unmöglich. Der erste Schritt besteht jedoch in der Kommunikation mit dem unmittelbaren Umfeld.
Die Krankheit innerhalb der Familie, aber auch am Arbeitsplatz offen zu thematisieren, kann Missverständnissen vorbeugen. Im Alltag können kleine Veränderungen der anfallenden Tätigkeiten schon eine Hilfe sein. Sind die Schmerzen einigermaßen unter Kontrolle, steht einem fast normalen Leben nichts im Wege.
Als Einzelkämpfer*in allein auf weiter Flur muss heutzutage niemand mehr mit einer ernsthaften und chronischen Erkrankung fertig werden. Wenn in der analogen Welt alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bieten Online-Foren eine diskrete und bequeme Möglichkeit, von zuhause aus jederzeit Rat und Hilfe zu suchen.
Referenzen:
- gelenk-klinik.de/gelenke/rheuma-erkennen-und-behandeln.html
- gesundheitsinformation.de/leben-und-alltag-mit-rheumatoider-arthritis.html
- rheuma-liga.de/hilfebereich/rauchen
rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/basismedikamente - S2e-Leitline: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten. AWMF-Registernummer: 006-004 [Stand: April 2018]
S3-LL: Interdisziplinäre Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis. AWMF-Registernummer: 060-002 [Stand: 18.12.2019] - thieme.de/de/orthopaedie-unfallchirurgie/physiotherapie-rheumatische-erkrankungen-94356.htm
geprüft und ergänzt am 16.01.2022 von Dr. rer. nat. Marcus Mau
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