Die manuelle Therapie ist eine nicht-invasive Behandlungsform aus dem Bereich der Alternativmedizin. Als Heilmittel kommt sie bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen zum Einsatz. Meist handelt es sich dabei um orthopädische Probleme.
Inhaltsverzeichnis
Was ist die manuelle Therapie?
Die manuelle Therapie zielt darauf ab, Funktionsstörungen von Muskeln oder Gelenken zu behandeln. Darüber hinaus nutzen manuelle Therapeuten verschiedene Techniken, um auch auf die Nerven einzuwirken.
Was macht ein manueller Therapeut?
Die Techniken, die zur manuellen Therapie gehören, lassen sich in drei Bereiche einteilen:
- Massage
- Mobilisation
- Manipulation
Mit einer Massage behandeln manuelle Therapeuten meist die Muskeln des Patienten.
Bei der Mobilisation bewegt der Therapeut den Körper des Behandlungsempfängers. Der Patient selbst bleibt dabei passiv. Bei der Mobilisierung führt der manuelle Therapeut die Bewegungen langsam aus. Dabei kann es sich um weit ausholende oder kleine Bewegungen handeln – je nachdem, welche Beschwerden vorliegen.
Die Manipulation besteht aus einer kurzen ruckartigen Bewegung, die der manuelle Therapeut an einem Gelenk des Patienten ausführt. Ärzte können auf diese Weise auch die Wirbelsäule behandeln.
Für welche Körperteile kommt die Behandlung infrage?
Die manuelle Therapie ist zur Behandlung vieler verschiedener Funktionsstörungen gedacht, welche die Muskeln, Nerven oder Gelenke betreffen können. Dementsprechend kann ein manueller Therapeut sich unterschiedlichen Körperbereichen zuwenden.
Ein mögliches Anwendungsgebiet der manuellen Therapie sind verschiedene Rückenprobleme. Manchmal mobilisiert der Behandler die Muskeln, ein anderes Mal beschäftigt er sich mit der Wirbelsäule. Die händische Behandlung kann zum Beispiel die Halswirbelsäule (HWS) oder die Lendenwirbelsäule (LWS) in den Fokus rücken.
Darüber hinaus kann die manuelle Therapie sich auf die oberen oder unteren Extremitäten erstrecken – also auf die Arme und Beine. Zu den Anwendungsgebieten an den oberen Extremitäten gehören vor allem Schulterbeschwerden, zum Beispiel an der Rotatorenmanschette.
Bei den unteren Extremitäten stehen häufig das Knie oder die Hüfte im Vordergrund. Das Sprunggelenk, der Fuß und weitere Bereiche können jedoch ebenfalls gezielt behandelt werden.
Wie lange dauert eine Anwendung?
Die manuelle Therapie nimmt für gewöhnlich 15 bis 25 Minuten in Anspruch. Dabei handelt es sich um die Behandlungsdauer, wenn die manuelle Therapie als Heilmittel verschrieben wird. Ähnlich wie bei anderen physiotherapeutischen Behandlungen können Ärzte für diese Therapie ein Rezept ausstellen.
Viele Physiotherapeuten bieten die manuelle Therapie auch für Privatzahler an. Wenn Du ohne ein Rezept eine Behandlung wünschst, solltest Du Dich jedoch vorher nach den Kosten erkundigen.
Mit welchen Kosten musst Du bei der manuellen Therapie rechnen?
In einigen Fällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine manuelle Therapie. Am besten erkundigst Du Dich bei Deinem Arzt und Deiner Krankenkasse, ob eine solche Kostenerstattung in Deinem individuellen Fall möglich ist.
Eine Anwendung kostet für Privatzahler oft zwischen 25 und 45 Euro. Der Preis für eine manuelle Therapie hängt unter anderem davon ab, ob eine kürzere oder längere Sitzung geplant ist.
Welche Ausbildung oder Weiterbildung besitzen manuelle Therapeuten?
Bei den Behandlern, die die manuelle Therapie anwenden, handelt es sich häufig um Physiotherapeuten. Allerdings führen nicht alle Physiotherapeuten und Krankengymnasten diese Behandlungsart durch. Einige lehnen diese spezielle Therapieform sogar ab und wenden lieber andere Verfahren an.
Ähnlich verhält es sich bei Ärzten. Sowohl Physiotherapeuten als auch Ärzte benötigen eine anerkannte Weiterbildung, damit die Krankenkasse die Behandlungskosten für eine manuelle Therapie übernehmen kann. Ärzte, die eine entsprechende Weiterbildung erfolgreich absolviert haben, verwenden die Bezeichnung manuelle Medizin/Chirotherapie.
Darüber hinaus gibt es Heilpraktiker, Masseure und ähnliche Berufsgruppen, die bei ihrer Behandlung auf die manuelle Therapie zurückgreifen. Manche nutzen dabei lediglich einzelne Elemente aus diesem Behandlungskonzept.
Die manuellen Therapeuten verfügen in der Regel über eine passende Fortbildung. Bei der Weiterbildung erlernen sie die theoretischen und praktischen Grundlagen der manuellen Therapie. Wenn Du auf der Suche nach einem Behandler bist, der diese Therapieform nutzt, solltest Du deshalb auf eine entsprechende Qualifikation achten.
Viele Physiotherapeuten und andere Behandler listen auf ihrer Internetseite auf, welche Aus- und Weiterbildungen sie absolviert haben. Auf diese Weise kannst Du verschiedene Anbieter miteinander vergleichen und sich für denjenigen entscheiden, der Dir am meisten zusagt.
Kann eine manuelle Therapie nach einem Bandscheibenvorfall angewandt werden?
Die manuelle Therapie gehört zu den Behandlungsoptionen nach einem Bandscheibenvorfall. Bei einem solchen Prolaps verrutscht eine Bandscheibe – oder der Gallertkern tritt durch einen Riss aus. Dadurch kann ein Druck auf die Nervenwurzel entstehen, der möglicherweise Schmerzen, Lähmungen und Kribbelgefühle nach sich zieht.
Da viele Patienten vor einer Operation zurückschrecken, wenn sie nicht unbedingt erforderlich ist, erfreuen sich sanftere Behandlungsansätze wie die manuelle Therapie großer Beliebtheit. Der Behandler legt dabei fest, welche manuellen Techniken im Einzelfall sinnvoll erscheinen.
Eventuell empfiehlt ein manueller Therapeut Dir nach einem Bandscheibenvorfall Massagen, um Muskelverspannungen zu lösen. Letztere entstehen oft infolge von Fehlhaltungen und falschen Belastungen, die durch die Rückenschmerzen verursacht werden können.
Außerdem mobilisieren manuelle Therapeuten nach einem Bandscheibenvorfall mitunter die Wirbelsäule. Unabhängig davon, welche Technik zum Einsatz kommen soll: Vor der Behandlung ist eine solide Diagnostik erforderlich. Denn der Behandler muss nicht nur ergründen, was Dir am besten hilft – er muss auch sicherstellen, dass durch die manuelle Therapie keine weiteren Schäden entstehen.
Besonders heikel sind die plötzlichen passiven Bewegungen, die die Manipulation ausmachen. Deshalb dürfen in Deutschland nur Ärzte die Wirbelsäule manipulieren. Physiotherapeuten können durch Massage- und Mobilisations-Techniken jedoch ebenfalls einen gewinnbringenden Beitrag zur Bandscheibenvorfall-Behandlung leisten.
Wirkt die manuelle Therapie tatsächlich?
Einige Studien beschäftigen sich mit der Frage, wie wirksam die manuelle Therapie ist. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Studien leider oft nur von schlechter Qualität sind. Manchmal wurden nur wenige Patienten berücksichtigt, manchmal weist das Studiendesign Mängel auf.
Allerdings scheint die manuelle Therapie zumindest vorübergehend die Funktionalität der behandelten Muskeln oder Gelenke zu verbessern. Darüber hinaus berichten einige Patienten, die händische Behandlung habe ihre Schmerzen verringert.
Gegen die manuelle Therapie spricht, dass sie oft nicht besser als ein herkömmliches Training zu wirken scheint. Darüber hinaus verweisen Kritiker häufig darauf, dass bereits einige Grundannahmen der manuellen Therapie nicht zutreffen. Auch die Blockaden, von denen die Theorie ausgeht, sind wissenschaftlich stark umstritten.
Für die manuelle Therapie spricht hingegen die Annahme, der Wirkmechanismus sei nicht wie angenommen biomechanisch, sondern neurophysiologisch. Eventuell führt die physiotherapeutische Behandlungsmethode also durchaus zu Effekten – allerdings anders, als ursprünglich angenommen.
Einige Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass die manuelle Therapie sich auf das autonome Nervensystem auswirkt. Das autonome Nervensystem umfasst sympathische und parasympathische Funktionen. Diese kannst Du nicht willentlich kontrollieren, sondern sie werden am Bewusstsein vorbei vom Nervensystem gesteuert.
Manche Befürworter der manuellen Therapie argumentieren beispielsweise, die Behandlung reduziere die wahrgenommenen Schmerzen und aktiviere den sympathischen Teil des autonomen Nervensystems. Von einer veränderten Muskelspannung ist ebenfalls immer wieder die Rede.
Sonderformen der manuellen Therapie
Die Atlaslogie ist auch als Atlaszentrierung bekannt. Der Atlas ist der oberste Halswirbel, der den Abschluss der Wirbelsäule bildet. Der Name „Atlas“ geht auf einen Gott der griechischen Mythologie zurück, der das Himmelsgewölbe trägt – so, wie der oberste Halswirbel den Kopf trägt.
Die Beschwerden, die den Atlas-Wirbel betreffen, müssen nicht zwingend vom Rückgrat ausgehen. Manchmal liegt der Ursprung auch in Hüftproblemen. Unterschiedlich lange Beine kommen ebenfalls als Ursache für Atlas-Probleme in Betracht. Insgesamt ist die Atlaslogie einerseits sehr spezifisch ausgerichtet, andererseits relativ selten.
Eine andere Sonderform der manuellen Therapie ist die Kiefergelenksbehandlung. Sogenannte craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD) können sich auf andere Körperbereiche auswirken – sogar auf die Hüfte oder das Knie. Mit dieser Form der manuellen Therapie beschäftigen sich neben Ärzten auch Zahnärzte und Kieferorthopäden.
Die manuelle Therapie nach McKenzie umfasst viele verschiedene Techniken. Diese Sonderform geht auf den Physiotherapeuten Robert McKenzie zurück, der in Neuseeland praktizierte. Er glaubte, dass Gelenkbeschwerden besser durch die anschlagenden Behandlungsmethoden beschrieben werden können als durch die Symptome. Dieses Konzept trägt deshalb auch die Bezeichnung Mechanische Diagnose und Therapie.
Referenzen:
- dfomt.org/home/patienteninformation-mt-omt/
- dgmm.de/manuelle-medizin.html
- evidenzbasiertephysiotherapie.de/manuelle-therapie-quo-vadis/
- flexikon.doccheck.com/de/Manuelle_Therapie
geprüft und ergänzt am 07.05.2021 von Dr. rer. nat. Marcus Mau
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