Behandlung & Therapie

Pilates bei Rückenschmerzen

  • Beim Pilates liegt der Fokus auf der Kräftigung der Körpermitte (Power-House).
  • Pilatestraining eignet sich besonders gut bei Muskel- und Gelenkbeschwerden.
  • Ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen (Arthrose, Osteoporose) profitieren ebenfalls vom Pilatestraining.
  • Nahezu alle Sportstudios bieten mittlerweile Pilateskurse an. Es gibt aber auch diverse hochwertige Home-Work-outs.
  • Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Pilateskurse ganz oder teilweise.

Published by

Rücken.net-Redaktion

Die Rücken.net-Redaktion besteht aus einem Team von Sport- und Medizin-Redakteuren, die fundierte Ratgeber rund um das Thema Rückenschmerzen schreiben.

Bei Pilates handelt es sich um eine ruhige, aber dennoch sehr intensive Trainingsmethode für Körper und Geist. Das systematische Training wurde von dem deutschen Körpertrainer
Joseph H. Pilates entwickelt, welcher auch namensgebend war. Mittlerweile bieten nahezu alle Sportvereine und Fitnessstudios Pilateskurse an.

Im nachfolgenden Artikel erfährst du, wie du Pilates erlernst, bei welchen Beschwerdebildern Pilatestraining hilft und ob du einen Zuschuss von deiner Krankenkasse erwarten kannst.

Was ist das Besondere an Pilates?

Beim Pilatestraining wird ein besonderer Fokus auf die Kräftigung deiner Körpermitte gelegt. Durch das Training der Tiefenmuskulatur verbessert sich die Beweglichkeit deines Beckens und der Wirbelsäule. Du wirst im Oberkörper mobiler, sodass du dein Becken und die Schulterpartie freier in entgegengesetzte Richtungen verdrehen kannst.

Solltest du unter Muskel- oder Gelenkbeschwerden leiden, ist Pilates das optimale Trainingskonzept für dich. Deine Muskeln und Gelenke werden bei geringer Belastung nachhaltig mobilisiert.

Was versteht man unter dem Begriff Powerhouse?

Wenn du mit Pilatestraining beginnst, wirst du vermutlich bereits in deiner ersten Stunde mit dem Begriff “Powerhouse” konfrontiert. Hiermit sind folgende vier Muskelgruppen gemeint, die laut Pilateslehre ein gemeinsames Kraftzentrum bilden:

  • Beckenboden
  • Korsettmuskel
  • Zwerchfell
  • der vielspaltige Muskel an der Wirbelsäule

Diese Muskelgruppen sind Bestandteil der Tiefenmuskulatur. Letztere ist sogar bei sportlich aktiven Menschen meist nur unzureichend ausgeprägt. Dies liegt daran, dass du deine Tiefenmuskulatur nicht bewusst anspannen kannst. Aus diesem Grunde sind gezielte Übungen notwendig, um sie zu erreichen.

Die Aktivierung des Kraftzentrums bildet die Basis des Pilatestrainings. Jede einzelne Pilatesübung wird auf Basis des aktivierten Powerhouse durchgeführt. Nur so kannst du die Tiefenmuskulatur deiner Körpermitte intensiv kräftigen.

Wie kannst du dein Powerhouse aktivieren?

Das Powerhouse lässt sich mithilfe einer speziellen Atemübung aktivieren. Stelle dich hierzu am besten hüftbreit auf. Achte darauf, dass dein Gewicht gleichmäßig auf beide Füße verteilt ist.

Schließe jetzt deine Augen, wenn du magst. Kippe dein Becken leicht nach vorne und ziehe deine Schultern nach unten. Dein Kinn wandert leicht (!) in Richtung Brust. Deine Wirbelsäule sollte eine gerade Linie bilden.

Atme durch die Nase ein und spüre, wie deine unteren Rippen sich leicht öffnen. Atme durch den Mund aus und ziehe währenddessen deinen Bauchnabel nach innen. In deinem Beckenboden nimmst du nun eine sanfte Anspannung wahr. Wiederhole die Atemtechnik mehrmals, bis du deine Körpermitte deutlich spürst.

Welche gesundheitlichen Vorteile bietet Pilates?

In unserem modernen, bewegungsarmen Alltag ist es keine Seltenheit, dass die Tiefenmuskulatur unserer Körpermitte verkümmert. Hierdurch verändert sich die Krümmung der Wirbelsäule, was chronische Haltungsschäden nach sich zieht. Diese Haltungsschäden lösen wiederum Schmerzen aus, was die Fehlhaltungen weiter verstärkt. Wer nicht gegensteuert, befindet sich schnell in einem gefährlichen Teufelskreis.

Pilatestraining setzt an genau dieser Problematik an. Die Tiefenmuskulatur der Körpermitte gewinnt ihre natürliche Kraft und Leistungsfähigkeit zurück. Weiterhin wird die Nährstoffversorgung von Bandscheiben, Wirbelkörpern, Nerven und Muskeln durch Pilates optimiert. Pilatestraining eignet sich besonders gut für Menschen mit folgenden gesundheitlichen Problemen:

  • Rückenschmerzen: Linderung bei LWS-, BWS- und / oder HWS-Syndrom
  • Haltungsschäden: Aufrichtung der Wirbelsäule
  • Arthrose: Pilates ist besonders gelenkschonend
  • Osteoporose: durch regelmäßige Bewegung wird der Knochenschwund verzögert
  • Asthma: Asthmatiker profitieren von der Atemtechnik
  • Nach Verletzungen: Pilatestraining eignet sich hervorragend als Reha-Maßnahme

Darüber hinaus kann Pilatestraining auch bei inneren Unruhezuständen, Angststörungen oder Depressionen helfen. Durch die Konzentration auf die “eigene Mitte” lässt sich das seelische Gleichgewicht leichter wiederfinden.

Zu allen gesundheitlichen Vorteilen kommt natürlich noch der ästhetische Aspekt hinzu. Wenn du dir eine formschöne Taille und eine aufrechte Körperhaltung wünschst, die dich sogar einige Zentimeter größer wirken lässt, ist Pilates das richtige Trainingskonzept für dich.

Pilates in der Schwangerschaft

Im ersten Moment erscheint eine gezielte Kräftigung der Körpermitte, wie sie ja beim Pilatestraining angestrebt wird, während der Schwangerschaft kontraindiziert zu sein. Auf den zweiten Blick stellt sich die Sachlage jedoch anders dar: Ein gut trainierter Beckenboden und eine dehnbare Bauchmuskulatur können sich überaus positiv auf die Schwangerschaft und Geburt auswirken.

Ein starker Beckenboden erleichtert den Geburtsvorgang. Durch eine starke Bauchmuskulatur kann das Auftreten einer nachgeburtlichen Rektusdiastase verhindert werden, welche im schlimmsten Fall sogar operativ behoben werden muss. Unter einer Rektusdiastase versteht man das Auseinanderklaffen der geraden Bauchmuskeln, wodurch es zu Bauchwandbrüchen kommt.

Im Großen und Ganzen bietet Pilates in der Schwangerschaft überwiegend Vorteile. Allerdings darfst du nicht alle Übungen ausführen. Lasse dich von einem erfahrenen Trainer beraten oder melde dich explizit für Schwangerschaftspilates an.

Welches Equipment benötigst du für dein Pilatestraining?

Für die meisten Pilateskurse brauchst du lediglich eine Trainingsmatte und bequeme Sportkleidung. Auch ein Handtuch und eine Flasche Wasser sind empfehlenswert. Sportschuhe benötigst du hingegen nicht, Pilates trainiert man barfuß oder auf Socken. Sofern du Socken tragen möchtest, achte darauf, dass diese rutschfest sind.

Zusatzgeräte beim Pilates

Manchmal kommen beim Pilates auch Hilfsmittel zum Einsatz, um die einzelnen Übungen zu intensivieren:

1. Der Pilatesring

Der Pilatesring hat in etwa die Größe eines Autolenkrads. Du kannst ihn zwischen deine Arme oder Beine klemmen, um auf diese Weise bestimmte Muskelgruppen gezielter und intensiver anzusprechen.

2. Der Pilatesball

Meistens kommen aufblasbare Softbälle zum Einsatz, die nicht straff aufgepustet werden, sodass du dich z. B. noch hinaufstellen kannst.

3. Die Pilatesrolle

Auch bekannt als “Schwimmnudel”. Die Pilatesrolle wird meist unter den Körper geklemmt.

Weiterhin gibt es große Pilatesgeräte, die meist im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen oder beim Training von Leistungssportlern zum Einsatz kommen:

Tower

Bei einem Tower handelt es sich um einen turmartigen Mattenaufbau, welcher zusätzlich über Hand- und Fußfedern sowie eine Querstange verfügt. Der Widerstand lässt sich variabel einstellen.

Wunda Chair

Der Wunda-Chair lässt sich sitzend oder liegend benutzen. Er eignet sich bestens, um die Bein- und Gesäßmuskulatur zu kräftigen. Meistens kommt er nach Sportverletzungen zum Einsatz.

Reformer

Der Reformer verfügt über eine rollende Liege- und Sitzfläche, wodurch der Gleichgewichtssinn besonders gut trainiert werden kann. Mithilfe des Reformers kannst du nahezu alle Pilatesübungen kontrolliert und technisch korrekt ausführen.

Werden die Kosten für Pilateskurse von der Krankenkasse übernommen?

Als gesetzlich Versicherter hast du zweimal jährlich einen Anspruch auf die Bezuschussung von Gesundheitskursen, wofür jedoch gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Erfahrungsgemäß sind die meisten Krankenkassen überaus aufgeschlossen, was Pilateskurse anbetrifft. Dies geschieht schon allein aus Eigeninteresse: Wer seinen Körper stärkt, erkrankt weniger häufig und bezieht dementsprechend seltener Krankengeld.

Damit die Krankenkasse die Kosten für deinen Pilateskurs übernimmt, muss es sich um einen zertifizierten Anbieter handeln. Dies solltest du bei der Wahl des Trainers bzw. des Studios beachten. Weiterhin musst du deine regelmäßige Teilnahme am Kurs dokumentieren, um später eine Kostenerstattung verlangen zu können.

Ob die Krankenkasse nur einen Teil der Kosten übernimmt oder die Kosten komplett trägt, wird von unterschiedlich gehandhabt. Frage daher im Vorfeld bei deiner Krankenkasse nach, wie es dort geregelt ist.

Einfache Pilatesübungen für zu Hause

Du musst nicht zwingend ins Fitnessstudio gehen, um deine Pilateseinheit zu absolvieren. Folgende Übungen kannst du ganz einfach und ohne Hilfsmittel zu Hause ausführen:

Cossack

Stelle duch aufrecht hin und lege deine Unterarme auf Brusthöhe übereinander. Mache zwei tiefe Atemzüge. Beim dritten Ausatmen spannst du dein Powerhouse bewusst an. Drehe deinen Oberkörper langsam nach rechts. Achte darauf, dass dein Becken in einer neutralen Position bleibt. Ausschließlich dein Oberkörper rotiert! Mit der nächsten Einatmung kommst du langsam zurück in die Ausgangsposition.

Wiederhole die Übung fünfmal, dann wechsle auf die linke Seite. Diese Übung kräftigt deine Bauchmuskeln und fördert die Beweglichkeit deiner Wirbelsäule, was wiederum Rückenschmerzen lindert.

Die Bankstellung

Begebe dich in den Vierfüßlerstand und stütze dich auf deine Unterarme. Achte darauf, dass sich deine Arme senkrecht unter deinen Schultern befinden. Die Außenseiten deiner Handflächen tragen dein Körpergewicht. Richte deinen Blick geradeaus, dein Kopf verbleibt in einer neutralen Position. Atme einmal tief in den Bauch ein und aus. Bei der nächsten Einatmung streckst du parallel deinen rechten Arm und dein linkes Bein aus.

Halte die Position für etwa 15 Sekunden, dann kehre in die Ausgangslage zurück. Wechsle nun die Seite. Die Bankstellung trainiert deine Rückenmuskulatur.

Herkules

Lege dich rücklings auf deine Trainingsmatte und winkle deine Beine an. Deine Arme streckst du seitlich neben deinem Körper aus. Atme zweimal tief ein und aus. Aktiviere wie oben beschrieben dein Powerhouse und hebe deine Beine einige Zentimeter in die Luft. Rolle dich langsam bis zu den Schulterblättern auf. Rotiere nun mit deinen Armen auf und ab. Achte hierbei auf eine regelmäßige Atmung.

Pilatesübungen gegen Rückenschmerzen

Das Schlimmste, was du im Falle von Rückenschmerzen tun kannst, ist das Annehmen einer Schonhaltung. Stattdessen solltest du sanft in Bewegung kommen, um die verkrampfte Muskulatur zu lockern und / oder verkürzte Muskulatur zu dehnen.

Pilates ist ein sehr rückenfreundliches Trainingskonzept. Probiere doch mal folgende Übungen aus:

Back extension

Diese Übung dient der Kräftigung des unteren Rückens. Bei sitzender Tätigkeit macht die Lendenwirbelsäule besonders häufig Probleme.

Lege dich auf den Bauch, dein Blick ist Richtung Boden gerichtet. Deine Arme legst du seitlich neben deinem Körper ab. Ziehe mit der nächsten Atmung deinen Bauchnabel zur Wirbelsäule, um dein Powerhouse zu aktivieren. Führe nun deine Schulterblätter zusammen. Stelle dir vor, du würdest zwischen ihnen einen Stift einklemmen wollen. Spanne deinen Bauch an und hebe deinen Oberkörper.

Hebe und senke deinen Oberkörper nun mehrmals hintereinander. Du solltest jetzt einen angenehmen Druck im unteren Rücken spüren.

Atlas

Die Atlasübung trainiert deine Schultermuskulatur und deinen Rumpf. Begebe dich in den Vierfüßlerstand. Platziere deine Hände unter deinen Schultern. Deine Knie befinden sich unter deinen Hüften. Mit der nächsten Einatmung streckst du deinen rechten Arm nach vorne und dein linkes Bein nach hinten.

Halte die Anspannung für zehn Sekunden, dann kehre in die Ausgangsposition zurück und wechsle die Seite.

Wirbelsäulenstreckung

Durch die Wirbelsäulenstreckung lassen sich Blockaden in der Rückenmuskulatur sanft lösen. Setze dich mit aufrechtem Rücken auf deine Matte und strecke deine Beine nach vorne aus. Strecke deine Arme nach oben, um so deine Wirbelsäule aufzurichten. Halte die Streckung für etwa zehn Sekunden. Atme ruhig und regelmäßig.

Beuge dich langsam mit dem Oberkörper nach vorne. Achte darauf, dass dein Rücken währenddessen gerade bleibt. Versuche, mit deinen Fingerspitzen deine Zehen zu berühren. Es nicht schlimm, wenn es dir nicht auf Anhieb gelingt. Halte auch diese Position für etwa zehn Sekunden, dann kehre in die Ausgangslage zurück.

Ein komplettes Pilates Work-out gegen Rückenschmerzen findest du hier:

Pilates bei Ischiasschmerzen

Fehlstellungen der Wirbelsäule können dazu führen, dass dein Ischiasnerv eingeklemmt wird. Dies äußert sich durch stechende oder dumpfe Schmerzen, die wie aus dem Nichts auftauchen und bis in die Beine ausstrahlen können. Da Ischiasschmerzen auch auf ernste Erkrankungen wie z. B. Rheuma oder Diabetes hinweisen können, solltest du die Ursache zunächst ärztlich abklären lassen, bevor du mit Pilates beginnst.

Folgende Übungen können dir helfen:

Der Hüftöffner

Ausgangsposition ist der Vierfüßlerstand. Hole deinen rechten Fuß nach vorne neben deine Hand. Dein rechtes Knie befindet sich nun auf Höhe deiner Schulter. Strecke jetzt dein linkes Bein nach hinten aus. Mit der nächsten tiefen Einatmung ziehst du dein rechtes Bein sanft zur linken Seite, sodass dein rechter Unterschenkel samt Fuß nach links zeigt.

Recke nun deinen Oberkörper so weit wie möglich nach vorne. Dein Becken bleibt hierbei stabil. Halte die Spannung für etwa fünfzehn Sekunden, dann kehre in die Ausgangsposition zurück. Wiederhole die Übung fünfmal.

Die Schulterbrücke

Diese Übung ist ein wahrer Allrounder, da sie bei einer Vielzahl von Schmerzen hilft – so auch bei Ischiasbeschwerden. Lege dich auf den Rücken und stelle deine Beine hüftbreit auf. Die Arme liegen entspannt neben deinem Körper. Aktiviere dein Powerhouse. Mit der nächsten Ausatmung hebst du nun dein Becken an. Die Schulterblätter sind der einzige Teil des Rückens, der noch Bodenkontakt hat.

Atme mehrmals tief ein und aus, bevor du dich Wirbel für Wirbel nach unten abrollst. Wiederhole die Übung drei- bis fünfmal.

Fazit

Da eine schwach ausgeprägte oder verkürzte Tiefenmuskulatur der Körpermitte häufig ursächlich für Rückenschmerzen ist, lassen sich die Beschwerden mit Pilates effektiv lindern. Auch eine vorbeugende Wirkung ist erwiesen. Darüber hinaus ist Pilatestraining sehr gelenkschonend.

Die meisten Krankenkassen bezuschussen das Pilatestraining, sofern es sich um ein qualifiziertes Kursangebot handelt.

Empfehlung der Redaktion: Werde jetzt Teil der Rücken.net-Community und besuche uns auf Facebook, Pinterest oder YouTube.

Referenzen:

  1. ÄrzteZeitung: Klinische Studie, Pilates lindert chronischen Kreuzschmerz: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Pilates-lindert-chronischen-Kreuzschmerz-225647.html
  2. Deutsches Zentrum für Orthopädie; Schonende Sportarten für die Hüfte: https://deutsches-zentrum-fuer-orthopaedie.de/artikel-detail/heufte-schonen-sport
  3. DAZ.online: Behandlung von Rückenschmerzen: Wann und warum Pilates?: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2015/07/20/Wann-und-warum-Pilates