Die Rückenmuskulatur sorgt dafür, dass wir uns aufrecht halten, drehen, gehen und Dinge anheben können. In unserer heutigen Gesellschaft bereitet der Rücken jedoch vielen Menschen Probleme. Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten Gründen für Krankmeldungen. Ursächlich ist der moderne Lebensstil: Bewegungsmangel und eine falsche Sitzhaltung lassen die Muskulatur verkümmern und verkrampfen.
Die Anatomie der Rückenmuskulatur ist überaus komplex. Im nachfolgenden Artikel erfährst du, wie du deine Rückenmuskulatur optimal kräftigen kannst. Ein gesunder und starker Rücken macht dich körperlich leistungsfähig und beugt Schmerzen vor.
Inhaltsverzeichnis
Wie ist die Rückenmuskulatur aufgebaut?
Der Rücken erstreckt sich vom Nacken bis zur Spitze des Steißbeines. Die Rückenmuskulatur lässt sich grob in oberflächliche und tiefe Muskeln unterteilen. Die oberflächlichen Muskeln unterstützen die Atmung und sind für die Bewegungen in den Schultern zuständig. Die tiefen Rückenmuskeln wirken hingegen auf die Gelenke der Wirbelsäule. Durch die sogenannte thorakolumbale Faszie sind die tiefen und oberflächlichen Muskeln voneinander getrennt.
Man unterscheidet die Rückenmuskeln jedoch nicht nur anhand ihrer oberflächlichen oder tiefen Lage im Körper, sondern auch hinsichtlich der Innervation (Versorgung mit Nerven für Gefühl) und der embryonalen Entwicklung. Letztere lässt sich wiederum in „autochthone Rückenmuskulatur“ und „nicht-autochthone Rückenmuskulatur“ unterteilen.
Was ist die autochthone Rückenmuskulatur?
Bei der autochthonen Rückenmuskulatur handelt es sich um eine große Muskelgruppe, die sich bereits beim Embryo an der jeweiligen Stelle des Rückens ausgebildet hat. Autochthon ist ein griechischer Begriff und bedeutet übersetzt so viel wie “hier entstanden” oder einheimisch. Aus diesem Grunde wird die autochthone Rückenmuskulatur auch als primäre oder ortsständige Muskulatur bezeichnet.
Die autochthone Rückenmuskulatur befindet sich tief im Körper. Versorgt wird diese Muskelgruppe vom hinteren Ast der Rückenmarksnerven. Man kann sie in folgende drei Untergruppen einteilen:
- autochthone kurze Nackenmuskulatur
- autochthone mittlere Rückenmuskulatur
- autochthone seitliche Rückenmuskulatur
Die autochthone Rückenmuskulatur bildet die wichtigste Komponente des aktiven Bewegungsapparats.
Die autochthone Rückenmuskulatur trainieren – sinnvoll oder nicht?
Es ist gar nicht so einfach, deine tief liegenden Muskeln durch Training zu erreichen. Dies liegt daran, dass du deine autochthone Muskulatur im Gegensatz zu den oberflächlichen Muskeln nicht bewusst anspannen kannst. Dabei spannt sich deine Tiefenmuskulatur bei nahezu jeder Rotation deines Oberkörpers an, ohne dass du es bemerkst. Diese Tatsache kannst du dir fürs Training gezielt zunutze machen.
Viele Hobbysportler nehmen das Training der Tiefenmuskulatur allerdings nicht ernst, da man diese nicht sehen kann. Das Training der Tiefenmuskulatur trägt zwar nicht unmittelbar zu einer besseren Figur bei, dafür verbesserst du jedoch deine Balance und Beweglichkeit. Außerdem beugst du Rückenschmerzen vor.
Wenn du im Alltag überwiegend sitzen musst, ist deine Tiefenmuskulatur vermutlich nur schwach ausgeprägt. Deine autochthone Rückenmuskulatur dient nicht nur dazu, deine Wirbel zu stabilisieren, sondern sie schützt auch deine Gelenke, Bänder und Sehnen vor Verletzungen. Funktioniert dieser Schutzmechanismus nicht (mehr), wirst du vermutlich immer öfter mit Rückenproblemen zu kämpfen haben.
Ein Grund mehr, um deine Tiefenmuskulatur zu kräftigen.
Übungen für die Tiefenmuskulatur des Rückens
Wenn du deine Tiefenmuskulatur trainieren möchtest, lautet das Motto: Konzentration und Körperspannung. Balance-, Halte- und und Rotationsübungen sind zu diesem Zweck bestens geeignet. Folgende Übungen sind sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene empfehlenswert:
Der Unterarmstütz (Plank)
Lege dich bäuchlings auf deine Trainingsmatte und platziere deine Ellbogen unter deinen Schultern. Nun drückst du dich nach oben auf die Unterarme. Ziehe deinen Bauchnabel bewusst zur Wirbelsäule und halte deinen Rumpf stabil. Katzenbuckel und Hohlkreuz sind nun unerwünscht, dein komplett angespannter Körper bildet eine gerade Linie.
Anfänger halten die Position mindestens 30 Sekunden, Fortgeschrittene mindestens 60 Sekunden. Diese Halteübung ist sehr effektiv. Der gesamte Rumpf sowie die Bauchmuskeln werden in der Tiefe trainiert.
Back Extension
Du beginnst die Übung in Bauchlage. Deine Arme legst du vor deinem Körper ab. Deine Hänge liegen hierbei übereinander, dein Handrücken zeigt nach oben. Deine Stirn ruht auf deinen Händen. Die Ellenbogen sind angewinkelt und zeigen nach außen. Richte deinen Blick zum Boden und spanne deinen gesamten Körper an. Nun hebst du deinen Oberkörper so weit wie möglich an. Deine Beine bleiben dabei gestreckt am Boden.
Halte diese Position, während du einmal tief ein- und ausatmest. Dann senkst du deinen Oberkörper wieder hinab. Mache insgesamt drei Durchgänge a zehn Wiederholungen. Mithilfe dieser Übung kannst du deinen Rückenstrecker und die tiefe Rückenmuskulatur gezielt kräftigen. Back Extensions sind außerdem bei Rückenschmerzen sehr wohltuend.
Der Einbeinstand (Stabilisationsübung)
Für diese Übung benötigst du eine Trainingsmatte, die zu zusammenrollst. Die Matte dient dir als instabiler Untergrund. Stelle dich mit beiden Füßen auf die Rolle, am besten barfuß. Nun hebst du ein Bein an und versuchst, das Gleichgewicht zu halten. Wenn es dir zu wacklig sein sollte, darfst du deine Arme seitlich ausstrecken.
Wenn es dir möglich ist, dann strecke das angehobene Bein nun zur Seite, nach hinten und nach vorne. Es ist in Ordnung, wenn du ins Wackelns gerätst. Das ist schließlich Sinn der Übung: Um die Balance zu halten, muss deine autochthone Rückenmuskulatur arbeiten. Wechsle nach etwa einer Minute das Bein und mache insgesamt drei Durchgänge.
Was ist die nicht-autochthone Rückenmuskulatur?
Die nicht-autochthone Rückenmuskulatur ist ursprünglich an einer anderen Stelle entstanden und wanderte erst im Verlauf der embryonalen Entwicklung an die Position, an welche sie beim erwachsenen Menschen sitzt. Die nicht-autochthone Rückenmuskulatur, in der Fachsprache auch als allochthone Muskulatur bezeichnet, befindet sich oberflächlich im Rücken und wird vom vorderen Ast der Rückenmarksnerven versorgt.
Auch die allochthone Rückenmuskulatur lässt sich in drei weitere Untergruppen unterteilen:
- allochthone kurze Nackenmuskeln (Drehung und Streckung des Kopfes)
- spinocostale Muskeln (Streckung des Körpers zur Seite und nach hinten)
- Schultermuskeln und Muskeln des Schultergürtels (Bewegung und Stabilisation des Rückens und des Schulterblatts)
Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur
Eine Stärkung der Rückenmuskulatur ist wichtig, um Beschwerden vorzubeugen oder bei bereits bestehenden Beschwerden Linderung zu verschaffen. Wenn du in deinem Alltag deinen Rücken berufsbedingt oder durch Sport stark beanspruchst, solltest du deine Rückenmuskulatur besonders gut trainieren.
Nachfolgend möchten wir dir verschiedene Übungen für deinen oberen und unteren Rücken vorstellen. Du kannst die Übungen problemlos zu Hause durchführen.
Übungen für den oberen Rücken
Wenn von Schmerzen im oberen Rücken die Rede ist, sind damit Nacken- und Schulterschmerzen gemeint. Probiere doch mal folgende Übungen aus:
Rundrücken
Begebe dich in den Vierfüßlerstand. Deine Hände platzierst du direkt unter deinen Schultern, deine Fingerspitzen zeigen leicht zueinander. Deine aufgestellten Knie haben einen hüftbreiten Abstand. Dein Kopf befindet sich in Verlängerung deiner Wirbelsäule. Beim Einatmen machst du nun einen Rundrücken. Atme aus und kehre in die Ausgangsposition zurück. Wiederhole die Übung fünfmal.
Nackenstrecker
Setze dich auf einen Stuhl, der deine Wirbelsäule stabil hält. Nun legst du den Kopf in den Nacken. Atme tief ein und aus, ziehe dann das Kinn zur Brust. Wiederhole diesen Vorgang acht- bis zehnmal.
Übungen für den unteren Rücken
Der untere Rücken umfasst den Bereich der Lendenwirbelsäule. Hier treten Schmerzen besonders häufig nach langem Sitzen oder einer ungünstigen Bewegung auf.
Kobra-Varition
Diese Übung ähnelt der aus dem Yoga bekannten Kobra-Stellung, sie ist aber ein wenig sanfter. Du beginnst die Übung im Vierfüßlerstand. Nun streckst du deine Arme so weit wie möglich nach vorne aus, deine Hände sind hierbei hüftbreit voneinander entfernt. Jetzt schiebst du deinen Rumpf nach vorne und lässt die Hüfte langsam durchhängen. Halte die Dehnung für zwei Minuten.
Beine anwinkeln im Liegen
Lege dich bäuchlings auf deine Matte. Deine Beine berühren sich. Winkle ein Bein an und greife gleichzeitig mit deinen Händen nach hinten, um die Zehen des angewinkelten Beines zu umschließen. Ziehe deine Ferse langsam herunter in Richtung Gesäß. Wichtig ist, dass deine Leiste nicht vom Boden abhebt. Halte die Dehnung für zwei Minuten, dann wechsle das Bein.
Verkürzte Rückenmuskulatur dehnen
Durch Bewegungsmangel kommt es im Laufe der Jahre fast unweigerlich zu Verkürzungen der Muskulatur. Die gute Nachricht lautet: Verkürzte Muskeln lassen sich wieder dehnen. Mit einer Dehnung der Rückenmuskulatur ist in den meisten Fällen die Dehnung des Rückenstreckers gemeint. Aber auch der Hüftbeuger kann verkürzen und dadurch Schmerzen auslösen. Wir zeigen dir Übungen für beide Fälle.
Abrollen – Wirbel für Wirbel
Stelle dich aufrecht hin, deine Beine sind schulterbreit geöffnet. Lasse zuerst deinen Kopf sinken. Stelle dir vor, dass dein Kopf ganz schwer ist und nun auch die Halswirbel und schließlich die Brustwirbel nach unten zieht. Rolle deine gesamte Wirbelsäule ab und spüre den Vorgang bewusst. Sobald du ein Ziehen verspürst, hast du deine persönliche Grenze erreicht. Rolle deine Wirbelsäule auf dieselbe Weise – Wirbel für Wirbel – wieder auf.
Hüftbeugerdehnung mit Ausfallschritt
Stelle dich auf deine Knie. Schiebe das rechte Bein so weit nach vorne, bis Oberschenkel und Wade einen rechten Winkel bilden. Dein linkes Knie und deine linke Wade liegen am Boden auf. Dein Oberkörper bleibt aufrecht. Spüre dich mit jedem Atemzug intensiv in die Dehnung hinein. Wechsle nach etwa einer Minute das Bein.
Fitnessgeräte für die Rückenmuskulatur
Wenn du regelmäßig im Fitnessstudio trainierst, solltest du die Nutzung folgender Geräte in deine Trainingsroutine einbeziehen:
- Rudergerät
- Pulldown-Maschine (Latzug)
- Schulterpressmaschine
- Hyperextensionsbank
- Rückentrainer
Sprich deinen Fitnessstudiotrainer an, um eine korrekte Einweisung für die Geräte zu erhalten. Bestimmt kann dieser dir auch einen gezielten Trainingsplan zur Kräftigung deiner Rückenmuskulatur schreiben. Die meisten Studios bieten diesen Service an.
Welche Symptome deuten auf eine entzündete Rückenmuskulatur hin?
In seltenen Fällen können Rückenschmerzen auf eine Entzündung der Wirbelsäule (axiale Spondylarthritis) hindeuten. Im frühen Stadium ist es kaum möglich, zwischen entzündlichen und nicht-entzündlichen Rückenschmerzen zu differenzieren. Bei der axialen Spondylarthritis handelt es sich um eine rheumatische Erkrankung. Folgende Symptome können auftreten:
- Die Schmerzsymptomatik tritt vor dem 45. Lebensjahr auf.
- Die Schmerzen sind nachts und morgens am schlimmsten.
- Es kommt zu Morgensteifigkeit, welche länger als eine halbe Stunde andauert.
- Die Schmerzen bessern sich im Tagesverlauf.
- Bewegung lindert die Schmerzen, bei Ruhe tritt keine Verbesserung ein.
- Der Schmerz besteht länger als drei Monate.
- Der Schmerz kann ins Gesäß ausstrahlen und tritt dort wechselseitig auf.
Rückenverspannungen sanft lösen
Rückenverspannung sind keine Seltenheit. Fast jeder zweite Erwachsene leidet regelmäßig darunter. Um akute Beschwerden zu lindern, hilft Wärme. Befinden sich die Schmerzen im oberen Rücken, dann lege dir ein Kirschkernkissen oder eine heiße Rolle in den Nacken. Bei Schmerzen im unteren Rücken empfiehlt sich eine Wärmflasche oder ein Wärmepflaster. Letzteres kannst du im Alltag auch unter der Kleidung tragen.
Weiterhin sind Massagen hilfreich, um Verspannungen zu lockern. Sprich deinen Arzt an, ob er dir Massagen verschreibt, am besten in Kombination mit Physiotherapie. Für daheim eignen sich Massagepistolen und Massagestäbe. All diese Maßnahmen sind auch bei chronisch verhärteter Rückenmuskulatur sinnvoll und hilfreich.
Bei chronischen Beschwerden hat der Patient sich bereits häufig an eine Schonhaltung gewöhnt, die es zu beseitigen gilt, um den Schmerz dauerhaft loszuwerden. Bei chronischen Schmerzen ist eine Kombination aus Massage, Physiotherapie und Schmerzmitteln (unter ärztlicher Kontrolle) empfehlenswert.
Fazit
Die komplexe Rückenmuskulatur erfüllt vielfältige Aufgaben. Allerdings ist sie dafür prädestiniert, Beschwerden zu verursachen. Werde dir bewusst, dass die Schmerzen in den allermeisten Fällen durch Fehlhaltungen und Bewegungsmangel entstehen. Dies sind Aspekte, an denen du aktiv etwas ändern kannst. Versuche, deinen Alltag rückenfreundlich zu gestalten (ergonomischer Arbeitsplatz, mehr Bewegung in der Freizeit).
Wenn du deiner Rückenmuskulatur die notwendige Aufmerksamkeit schenkst und deinen Rücken kräftigst, kannst du Schmerzen vorbeugen und lindern. Dies gilt auch dann, wenn du schon lange mit Rückenproblemen kämpfst. Es ist nie zu spät, die Rückengesundheit zu verbessern.
Referenzen:
- Orthopädie Mediapark: Leistungsspektrum – Körperbereich – Wirbelsäule – Spondylarthrose: https://www.orthopaedie-mediapark.de/leistungsspektrum/koerperbereich/wirbelsaeule/arthrose-wirbelsaeule
- Orthopädie Mediapark: Leistungsspektrum – Körperbereich – Wirbelsäule -Funktionelle Beschwerden der Wirbelsäule: https://www.orthopaedie-mediapark.de/leistungsspektrum/koerperbereich/wirbelsaeule/funktionelle-beschwerden
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Praxisnachrichten, Therapie chronischer Rückenschmerzen: Neue Ausgabe von “Arzneiverordnung in der Praxis”: https://www.kbv.de/html/1150_39617.php
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